Biodiversitätsforschung
Artenvielfalt Indonesiens entdecken – Berlin und Bogor forschen gemeinsam seit über 15 Jahren
Forschung und Wissensvermittlung sind wesentliche Aufgaben am Museum für Naturkunde (MfN). Um den großen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen, ist internationale Vernetzung unerlässlich. Die deutsch-indonesischen Aktivitäten sind im neu gegründeten »Zentrum für Integrative Biodiversitätsentdeckung« am MfN eingebunden.
von Dr. Kristina von Rintelen, Dr. Evy Arida, Dr. Thomas von Rintelen
Ein Forscher im Indobiosys-Projekt beim Sortieren indonesischer Insektenproben; Bildquelle: MfN Berlin / Foto: Bernhard Schurian
Biodiversitätsforscher sind eine besondere Spezies von Biologen, die viel Energie und Zeit in die Erforschung und Entdeckung neuer Arten stecken. Wie ihre Forschungsobjekte, die Millionen Exemplare von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen, sprich Biodiversität oder Artenvielfalt, sind sie ebenfalls global vom Artensterben bedroht, denn es gibt nicht mehr allzu viele von ihnen. Es sind meist Spezialisten, die sich auf die Beschreibung und Benennung bestimmter Organismen, von der Ameise bis hin zum Zander, festgelegt haben. Man kennt sie auch unter dem Begriff Taxonomen. Reliktvorkommen dieser Forscher finden sich meist in den Naturkundemuseen weltweit, so auch am Museum für Naturkunde Berlin (MfN) und an dem indonesischen Research Center for Biology-LIPI (RCB-LIPI), inklusive des Museum Zoologicum Bogoriense, in und um Bogor, Java.
Mfn und RCB-LIPI – gemeinsame Forschung für die biologische Vielfalt
Zwischen MfN und RCB-LIPI gibt es seit dem Jahr 2012 ein Abkommen mit dem langfristigen Ziel der Erfassung und Beschreibung der biologischen Vielfalt Indonesiens. Seitdem finden regelmäßig gemeinsame Forschungsreisen und -aktivitäten statt, die auch in gemeinsamen Publikationen münden. Auch werden indonesische Wissenschaftler am Berliner Museum für Naturkunde aus- und fortgebildet oder internationale Fachkongresse von beiden Institutionen organisiert und in Indonesien durchgeführt.
Artenreiches Indonesien
Von der globalen Artenvielfalt ist bisher etwa 10-20% bekannt, also nur ein Bruchteil dessen, was es noch zu entdecken und erforschen gibt. Besonders artenreiche Regionen der Erde finden sich in den Tropen. Beispielsweise Indonesien ist, aufgrund seiner geographischen Lage und geologischen Besonderheiten, eines der artenreichsten Länder weltweit. Gleichzeitig ist diese enorme Artenvielfalt vielerorts vom Aussterben bedroht. Klassische Methoden zur Entdeckung, Beschreibung und Benennung neuer Arten sind seit 250 Jahren erprobt, haben jedoch den Nachteil, dass sie recht zeitintensiv sind. Mittlerweile steht der Wissenschaft eine Reihe von neuen, vor allem genetischen und digitalen Entwicklungen zur Verfügung.
Biodiversitätsentdeckung der Zukunft
Im Juli 2018 wurde am MfN ein neues »Zentrum für Integrative Biodiversitätsentdeckung« gegründet. Dessen Ziel ist es, weltweit neue, innovative Methoden der Biodiversitätsentdeckung zu entwickeln und somit auch effizienter und schneller neue Tierarten zu entdecken und zu beschreiben, bevor es dafür zu spät sein könnte. Gleichzeitig sollen umfangreiche Informationen über die biologische Vielfalt, die auch Grundlage für die menschliche Existenz darstellt, helfen, diese zu bewahren und auch nachhaltig zur Lösung wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Probleme zu nutzen.
Das Berliner Naturkundemuseum und die indonesische Partnerinstitution RCB-LIPI führen gemeinsame Fortbildungen zum Thema Artenvielfalt in Indonesien durch; Bildquelle: MfN Berlin / Foto: Bernhard Schurian
Das deutsch-indonesische Forschungsprojekt »Indobiosys«
Ein Beispiel ist das deutsch-indonesische Forschungsprojekt Indobiosys, das zwischen 2015 und 2018 erfolgreich von durchgeführt wurde. MfN Berlin, LIPI und die zoologische Staatssammlung München entwickelten gemeinsam einen nachhaltigen Arbeitsablauf zur beschleunigten Biodiversitätsentdeckung: Dazu gehören die molekulare Biodiversitätserfassung mithilfe von ‚Strichcodes‘ der genetischen Erbinformation, die Digitalisierung von indonesischen Objekten in Museumssammlungen und ein integriertes Datenbankmanagementsystem mit QR-Codes zur schnellen Zuordnung von Gewebe- und Flüssigkeitsproben. Mit der finanziellen Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) konnten so nicht nur zahlreiche neue Tierarten, sondern auch zahlreiche neue Daten zur indonesischen Artenvielfalt gesammelt und auf einer gemeinsamen Online-Plattform einer weltweiten Forschungscommunity zur Verfügung gestellt werden.
Forscher beider Institutionen, MfN Berlin und LIPI, kooperieren seit langem erfolgreich. Begonnen hat alles mit einem kleinen Seenprojekt auf der Insel Sulawesi und umfasst mittlerweile ganz Indonesien. Die Forscherinnen und Forscher, v.a. in Indonesien sind es mehrheitlich weibliche Wissenschaftler, sind mit viel Elan und Forscherdrang seit über 15 Jahren dabei und lernen auch über die Forschung hinaus viel Interessantes über kulturelle, geschichtliche und kulinarische Besonderheiten beider Länder. Wir hoffen daher, diese gelungene Kooperation noch möglichst lange aufrechterhalten zu können.
Biodiversitätswand Im Museum für Naturkunde Berlin Quelle: MfN Berlin