Entspannung
Wellness auf Indonesisch
Wohlfühlzeit für Körper und Seele – die Worte könnten der Broschüre eines Wellness-Centers entsprungen sein. In Indonesien sind sie gelebte Wirklichkeit.
von Birgit Lattenkamp
Tirtagangga Wasserpalast in Karangasem auf Bali; Das Wasser kommt aus den heiligen Quellen oberhalb des ehemaligen Palastes und füllt die Teiche, Becken und das Schwimmbad. Auch heute kann hier noch gebadet werden, eine Art »natürliche Wohlfühloase«, die dem Badenden »ewige Jugend« prophezeit; Bildquelle: Jörg Huhmann
Mit einem Lächeln auf den Lippen steigt Mbak Leni aus dem Bajaj. Hier, in einem Wohnviertel im Westen von Jakarta, kennt jeder die ältere Frau mit dem geflochtenen Korb in ihrem Arm. Kein Wunder, seit fast zwanzig Jahren ist sie in der Gegend tätig. Mbak Lenis erste Kundin heute Morgen ist Ibu Rani. »Mandi Lulur«, das traditionell javanische Körperpeeling verbunden mit einer entspannenden Massage und anschließendem Bad, steht auf dem Programm.
Einmal im Monat gönnt sich die Hausfrau und Mutter das verjüngende Schönheitsritual. Und nur der Masseurin Mbak Leni schenkt sie dabei ihr ganzes Vertrauen. Alles, was die Frau mit den »magischen Händen« zu ihrer Behandlung braucht, transportiert sie in ihrem runden, schon recht abgenutzten Korb. Darin verbergen sich fantastisch riechende Öle, selbst hergestellte Pasten aus Gewürzen wie Süßholz, Zimt und Wurzeln wie Ingwer und Kurkuma.
Eine Ausbildung im klassischen Sinne hat sie nie absolviert. Wozu auch? Ihr ganzes Wissen um traditionelle Massagen, die Körper und Geist zur Ruhe kommen lassen, hat ihre Mutter sie gelehrt. Denn auch diese war schon im Dienste der Entspannung unterwegs gewesen. In Deutschland bekommt ein »Tukang Pijit« (Masseur) ein richtiges Zertifikat? Mbak Leni kann es gar nicht glauben. Auch Begriffe wie Wellness und Spa hat sie noch nie zuvor gehört. Wenn sie wüsste...deutsche Wellness-Center und Schönheitsfarmen würden sich um sie reißen!
In Indonesien gehört das, was der gestresste Westen unter dem Begriff Wellness zusammenfasst, seit jeher zum Leben dazu. Sicherlich sehen die Formen, je nach Dicke des Geldbeutels unterschiedlich aus, doch verzichten muss keiner auf Wohlfühlstündchen, die Erholung vom anstrengenden Arbeitsalltag bieten. Unter Familienmitgliedern massiert man sich ebenso wie unter Freunden. Und am Wochenende laden warme Quellen, die es im Inselreich der Vulkane vielerorts gibt, zum Baden ein. Selbst der Friseurbesuch wird in Indonesien zum Erlebnis. »Creambath« heißt das aus dem Englischen übernommene Zauberwort. Eine Haarcreme wird langsam in das Haar einmassiert. Während in Städten häufig zu Fertigprodukten zurückgegriffen wird, schneidet die Friseurin auf dem Dorfe schon mal ein Stück frische Aloe Vera ab (Indonesisch: lidah buaya/Krokodilszungen) oder eine reife Avocado auf. Auch in punkto Nahrungsmitteln bietet Indonesien alles, um müde Geister wieder fit zu bekommen. In der Landesküche werden unzählige Gewürze verwendet, die sowohl in der indischen Ayurveda-Küche, als auch in heimischen Jamu-Mischungen ihren festen Platz haben. Bei soviel »Wellness-Potenzial« ist es eigentlich verwunderlich, dass die indonesische Wohlfühlphilosophie hierzulande nur so schleppend Einzug erhält. Ein Grund hierfür ist sicherlich, dass man sich in Indonesien lange Zeit gar nicht bewusst war, welch wertvollen Schatz man da hütete. Entspannungs- und Gesundheitsprogramme wurden nicht groß propagiert; man lebte sie ganz selbstverständlich.
Dies könnte sich jedoch schon bald ändern. Zwei der größten indonesischen Firmen für Naturkosmetik möchten nun auch ein Stückchen vom großen Wellness-Kuchen abhaben. Beide haben neue Produktlinien entwickelt, die ganz dem internationalen Trend entsprechen. Nach traditionellen Rezepten wurden Aromaöle und Spa-Produkte entwickelt, die in Qualität und Design nichts zu Wünschen übrig lassen. Auch haben sie, vor allem in den großen Einkaufszentren, eigene Spa- und Massagecenter eröffnet, die sich bei der indonesischen Mittel- und Oberschicht großer Beliebtheit erfreuen. Dort kann man sich für ein paar Stündchen oder sogar einen ganzen Tag lang wie eine javanische Prinzessin fühlen. Massagen, Peelings, Schwitzkuren, Bäder und der obligatorische Ingwertee zum Abschied machen den Alltag vergessen. Ein Konzept, das bestimmt auch in den hiesigen Relax-Oasen für frischen Wind sorgen kann. In der Schweiz hat bereits das erste indonesische Wellness-Center eröffnet. Und auch in Deutschland haben mittlerweile schon verschiedene balinesische und javanische Massageformen Einzug gehalten. Die Zukunft wird zeigen, ob sich indonesische Wohlfühlprogramme dauerhaft durchsetzen werden. Verdient haben sie es allemal.
Kräutergarten im Norden von Yogyakarta; Jamu, die traditionelle Medizin Indonesiens, aus pflanzlichen Naturmaterialien wie Kräutern, Pflanzen und Gewürzen bestehend, wurde schon an den Fürstenhöfen von Zentraljava für Schönheits-Tränke verwendet. Heute werden Jamu-Mischungen auch für Gesichtsmasken, Peelings bis zu Handcremen und Massage-Ölen hergestellt; Bildquelle: Jörg Huhmann
Eine kleine Auswahl an Begriffen zum Thema »Wellness auf Indonesisch«
memijit/memijat (pijit/pijat) | massieren, drücken |
pemijatan | Massage |
tukang pijit/pijat | Masseur(in) |
mengurut (urut) | massieren, einreiben |
minyak | Öl |
minyak pijit/pijat | Massageöl |
minyak cendana | Sandelholzöl |
minyak zaitun | Olivenöl |
minyak Kenanga | Ylang-Ylang-Öl |
minyak Mawar | Rosenöl |
air mawar | Rosenwasser |
mandi lulur | Javanisches Körperreinigungsritual (Peeling, Massage, Bad) |
mandi rempah | Kräuter- bzw. Gewürzbad |
mandi susu | Milchbad |
jahe | Ingwer |
teh jahe | Ingwertee |
kunyit | Kurkuma |
jamu | traditionelle Naturmedizin |