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 Ausstellung im Museum der Kulturen Basel (MKB)

»Der Weg ins Jenseits«

 

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Dia einer Beerdigungsfeier aus Bali mit Kremationsturm, 1972/73; Quelle: © Museum der Kulturen Basel

 

(InMaOn/JH / MKB) Die neue Ausstellung »Der Weg ins Jenseits« im Museum der Kulturen Basel (MKB) zeigt, wie sich Gesellschaften den Weg vom Diesseits ins Jenseits vorstellen und was dafür gebraucht wird. Je nach Kultur, Religion und Individuum unterscheiden sich Gebräuche und Gewohnheiten. Auch zahlreiche Indonesienbezüge prägen die Ausstellung.

 

Alles beginnt mit dem Tod und der Beerdigung. Die Ausstellung im MKB ist dementsprechend aufgebaut. Die Atmosphäre ist gedämpft, aber nicht todernst und immer wieder gibt es heitere Noten.

 

Kurator Richard Kunz nimmt die Besucher:innen mit auf faszinierende Wege ins Jenseits. Jede Gesellschaft, Religion und jeder Mensch hat eigene Vorstellungen, wie sich vorbereiten, welchen Weg einschlagen und was es dafür braucht. Diese Vielfalt spiegelt sich in den rund 250 Exponaten aus aller Welt – darunter auch zahlreiche Ausstellungsstücke aus Indonesien – aus der MKB-Sammlung.

 

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 Die Seelenreinigung auf Bali ist ein Prozess, der sich über Monate hinziehen kann; Quelle: © Museum der Kulturen Basel

 

Begleitende Rituale 

 

Der Beginn des Weges, der Tod, ist oft von traditionellen Prozessen und Zeremonien charakterisiert. Die Bestattung ebenso. Hier wie später auch kommt den Hinterbliebenen und Objekten wichtige Bedeutung zu. Es ist ausschlaggebend, die verstorbene Person richtig auf den Weg vorzubereiten.

 

Eigentlich beginnt der Weg noch vor dem Tod: Mithilfe von Objekten können sich Menschen auf das Sterben und das Jenseits vorbereiten. Ein Buddha oder ein Bildnis des Heiligen Josef, dem Patron des guten Todes, sorgen für ein friedliches Ende. Danach liegt es an den Hinterbliebenen, die Verstorbenen mit Öl aus speziellen Gefässen, mit Rotholzpaste eingerieben, mit Tüchern bedeckt, auf Totenbahren, -brettern oder in speziellen Särgen auf den Weg zu schicken.

 

Die Seele oder die verstorbene Person müssen den Weg nicht allein gehen. Vielfach werden sie begleitet und dürfen oder müssen sogar bestimmte Dinge mit sich führen. Wegweiser wie in der Ausstellung gibt es nicht. Dafür Begleitung: mit Musikinstrumenten, Fächern, Masken und Amuletten werden die Seelen richtig geleitet.  

 

Gerade auch Vögel spielen hier häufig eine wichtige spirituelle Rolle, beim Übergang von der irdischen Welt in die spirituelle Sphäre. So wird der Nashornvogel auf Borneo mit der himmlischen Sphäre assoziiert. Für die Iban ist er Gottesbote, Bestimmer des Schicksals, Seelenbegleiter und Ahnherr. In den Erzählungen und Schöpfungsmythen weiterer Gruppen steht der Nashornvogel für den Gott der Oberwelt, die höchste Gottheit. Motive und Abbildungen des Nashornvogels finden sich in vielen Alltags- und rituellen Gegenständen wieder.

 

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Kremationssarg aus Bali trifft trifft auf Thangkas aus Tibet mit verschiedenen Gottheiten und eine textile Höllendarstellung aus der Mongolei; Quelle: © Museum der Kulturen Basel

 

Unterwegs

 

Am Anfang des Weges verabschieden sich Menschen von den Verstorbenen. Diese können zugedeckt oder in zeremonieller Bekleidung aufgebahrt sein. Danach wird der Körper zu seiner Ruhestätte gebracht – mal nach einem bestimmten Zeitraum, mal über Umwege, mal nach erfolgter Kremation oder auch direkt. Unterwegs sind die Verstorbenen beispielsweise in Sänften und Schiffen.

 

Im südwestlichen Borneo in der Region Kotawaringin erhielt der Sarg früher die Form eines bauchigen Bootes. Bug und Heck wurden als Kopf und Schwanz einer Naga (Drache/ Schlange) ausgearbeitet. Die verstorbene Person wurde so hineingelegt, dass sie den Berg Sebayan im Westen, den Aufenthaltsort der Ahn:innen, anschauen konnte. Mit Gongschlägen wurde der Totenseele der Weg gewiesen und der Sarg verwandelte sich im Jenseits in ein Boot.

 

Schiffsdarstellungen sind in Indonesien häufig anzutreffen. Die frühere Forschung ging davon aus, dass es sich bei den meisten Darstellungen um sogenannte Toten- oder Seelenschiffe handle, auf denen die Verstorbenen ins Jenseits reisen. Die neuere Forschung zeichnet ein differenzierteres Bild. Die reich verzierten Textilien aus Südsumatra waren früher Statuszeichen adliger Familien und wurden bei Festlichkeiten gezeigt oder getragen. Die Schiffsdarstellungen auf den Textilien stehen dabei für den kritischen Wechsel von einer Lebenssituation zur nächsten, sie symbolisieren den zu vollziehenden Übergang – auch, aber nicht nur – vom Diesseits ins Jenseits.

 

In der peruanischen Region Huancayo werden die Toten in einem festgelegten Ablauf ritueller Handlungen ins Jenseits geleitet. Künstler Pedro Abilio Gonzales Flores lässt in figurenreichen Szenerien aus Gips und Holz fünf Abschnitte des Sterbezyklus lebendig werden. Im Andenraum ist der Tod nicht das Ende des Lebens, sondern ein Übergang in einen neuen Zustand. Die Verstorbenen werden als Vermittler:innen zwischen den Lebenden und der spirituellen Welt angesehen und um Segen und Wohlergehen gebeten.

 

Nach hinduistischer Vorstellung wird die Seele wiedergeboren. Auf Bali ist die Seelenbefreiung und -reinigung ein zentraler und mehrstufiger Prozess, der sich über Monate oder länger erstrecken kann. Solange die feinstoffliche Seele eines verstorbenen Menschen nicht von ihrem zerfallenden Körper befreit ist, kann sie als unberechenbarer Geist Schaden stiften. Erst durch die Kremation und die darauffolgenden Rituale wird sie von ihrer stofflichen Hülle und den fünf materiellen Elementen (Erde, Feuer, Wasser, Luft, Äther) frei, die an die Natur zurückgegeben werden.

 

Objekte wie ein Kremationsturm, Effigien und ein Verbrennungssarg bilden auch den Mittelpunkt der Ausstellung.

 


Ankommen und Erinnern

 


Bei den Ngaju im südlichen Zentral-Kalimantan gibt es zwei Bestattungen: Eine erste kurz nach dem Ableben, die Sekundärbestattung, das grosse Totenfest Jahre danach, dauert 33 Tage.

 

In der Priestersprache der Ngaju heisst die Erde »Fluss des geliehenen Lebens«: Das Leben auf der Erde ist nur geliehen und wird mit dem Tod zurückgegeben. Der Tod wiederum ermöglicht den Zugang zum ewigen Leben im jenseitigen Dorf Lewu Liau, das in der siebten Himmelsstufe liegt. Dort herrschen paradiesische Zustände, es muss nicht gearbeitet werden, für alles ist gesorgt und alle leben in Reichtum wie Herrschende (…).

 

Endstation des Weges und der Reise ist das Jenseits. Doch einmal dort, sind die Verstorbenen weder aus dem Sinn noch vergessen. Man erinnert ihrer, hegt und pflegt sie und manchmal beeinflussen sie das Geschehen im Diesseits. Die letzte Ausstellungsstation im Museum ist deshalb mit »Ankommen und Erinnern« betitelt.

 

Ahnenfiguren begleiten die Hinterbliebenen – und sind Teil des grossen Wandgemäldes »See you on the other side« vom indonesischen Künstler Eddie HaraEr selbst äussert sich zum »Tod« und »Der Weg ins Jenseits« so:»To me personally I think dying is kinda journey to the other world. A happy ending from all this complicated chaos life. I rather don’t want to believe in such hell and heaven stuff. I believe the journey will be pleasant, peaceful, some part could be scary, fun, exciting, sad (of saying goodbye to the loved ones), and free of haters’ voices or thoughts!«

 

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Wandbild, See You on the Other Side, des indonesischen Künstlers Eddie Hara, mit Ahnengesicht aus Ghana sowie Maske und Ahnenfigur aus Indonesien, 2025, Acrylfarbe und drei ethnografische Artefakte auf Wand | ca. 3,5 x 7 m; Quelle: © Museum der Kulturen Basel

 

Die Verstorbenen werden auch mit all den Dingen bedacht, die ihnen zeitlebens Freude bereitet haben. Stupa, Lichthaus und Jahreskerzen sind Dinge, mit denen der Toten gedacht wird. In China verbrennen die Hinterbliebenen Gegenstände aus Papier, die die Verstorbenen mochten: Designertaschen, Schmuck, Geld, Zigaretten, Elektronika oder Süsses.

 

Die Ahnenfiguren und Altäre der Insel Nias stammen aus adligen und wohlhabenden Familien. Sie repräsentieren wichtige und lang verstorbene, männliche Vorfahren. Hals-, Ohr- und Kopfschmuck der Figuren verweisen auf deren Status und Herkunft. Sie hatten einen besonderen Platz im Haus und waren Gefässe für die Seelen der Verstorbenen. Ihre Anwesenheit gewährte der Familie und dem Haus Schutz.

 

Wichtige Elemente bei Totenfesten in Kalimantan sind Erinnerungsfiguren. Diese zeigen oft charakteristische Merkmale der verstorbenen Person und lassen deren Position in der Gemeinschaft erkennen. Die Hockerfigur ist typisch für die Bahau am Mahakamfluss und benachbarte Gruppen. Die Figuren bleiben nach den Totenfeiern vor den Wohnbereichen der Familien und beschützen diese, während sie langsam verwittern.

 

Bhimas Reise in die Anderswelt

 

Für Normalsterbliche ist eine Rückkehr aus dem Jenseits unmöglich – nicht so für Schamanen. Gegenstände aus Sibirien erzählen von deren Reisen in die Anderswelt. Auch in der Mythologie und Literatur existieren zahlreiche Figuren, die sich in die Anderswelt begeben und unversehrt zurückkehren. So begibt sich Indonesien der Held Bhima aus dem indischen Mahabharata-Epos in die Unterwelt, um dort die Seelen seiner Eltern zu befreien und zurückzuholen.

 

Bhima ist der zweitälteste der fünf Pandawa-Brüder aus dem Epos Mahabharata. Die ur- sprünglich indische Dichtung erfuhr auf Java und Bali Ergänzungen. Geschichten daraus gehören auch heute zu beliebten Stoffen in der Kunst. Besonders auf Bali ist die nur aus Indonesien bekannte Episode Bhima Swarga – Bhimas Reise in die Anderswelt – beliebt, insbesondere als Schattenspiel-Aufführung während Totenfeierlichkeiten (…).


 

Ausstellungsdauer | Der Weg ins Jenseits | 05. September 2025 – 26. April 2026

 

Öffnungszeiten | Di – So: 10.00 – 17.00 Uhr | Mo: geschlossen | Jeden ersten Mittwoch im Monat: 10.00 – 20.00 Uhr

 

Ausstellungsort: Museum der Kulturen Basel, Münsterplatz 20, 4051 Basel

 

  

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